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Tuesday, 25. April 2006

Alternative Welten

YU

Hier zu sein ist wie einen Spiegel vorgehalten bekommen, was waere wenn. Was waere, wenn meine Eltern nicht entschieden haetten, 1970 nach Deutschland zu kommen. Wuerde ich jetzt auch wie mein Cousin M. vom Westen traeumen und darueber vergessen mein Leben zu leben? Oder wie die Tochter vom Freund meiner Mutter, die ohne Zaehne im Dorf sitzt und Telenovelas im Fernsehen schaut und auch nichts auf die Reihe kriegt? Andererseits gibt es in Belgrad Lebensformen, die durchaus parallel sind zu der, die ich in Berlin fuehre.

Mir sagen alle aelteren Leute hier, ich waere eine Fremde in D. und eine Fremde hier. Sie projezieren ihren eigenen Zustand auf mich, nun dass ich nicht mehr 25 bin. Aber es hat sich nichts geaendert fuer mich - ich bin vielleicht fremd hier, aber bestimmt nicht in Deutschland (zu Hause in Berlin). Das kann die erste Generation, diejenigen, die als "Gastarbeiter" nach D. gekommen sind, nicht verstehen, dass manche ihrer Kinder Fremde geworden sind in dem Land, das sie selbst als Heimat verstehen.

Meine Mutter wurde aber auch veraendert durch die Zeit in Deutschland; sie ist definitiv keine serbische Frau mehr. Ich merke das vor allem an der Sprache - sie wirft immer wieder deutsche Worte ein, wenn sie serbisch spricht. Ich mach das, weil mir das serbische Wort nicht einfaellt und frage dann, aber bei ihr ist es unbewusster, auch eine Art ihr eigenes Besonderssein auszudruecken. Ihr geht auch vieles auf den Geist, das Provinzielle hier, das Phlegma, das Abfinden mit der Situation. Die Leute in D. uebernehmen definitiv mehr Initiative durchschnittlich.

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